Neshive

Neshive ist - oder besser war - die älteste Stadt des neuen Aleandon-Reiches. Tatsächlich wurde sie schon vor dem Ende des alten Reiches von Prinz Siquai Bredhale gegründet, der seinem Volk neues Gebiet auf dem damals unbesiedelten Diconor erschließen wollte. Zuerst nur eine kleine Siedlung, wurde Neshive nach dem Fall des alten Reiches zur Anlaufstelle für alle Flüchtlinge und wuchs schnell zur Stadt heran. Vierzehn Jahre lang, von der Ankunft Königin Neârs bis zur Gründung von Neu-Tiluvo im Jahr 480 aun war es die Hauptstadt der Aleandon. In dieser Zeit erhielt es auch eine Stadtmauer, die bis heute seine Fläche umschließt. In jenen Tagen muß die Stadt furchtbar überfüllt gewesen sein und konnte doch bei weitem nicht allen Flüchtlingen Unterkunft bieten. Riesige Zeltstädte erstreckten sich damals an den Ufern des Sees. Mit der Gründung von Neu-Tiluvo und den anderen Städten des neuen Reiches jedoch zogen immer mehr Familien weg und die Einwohner Neshives konnten aufatmen. Die frei gewordenen Flächen füllten sie mit Gärten und kleinen Parks, die sie mit liebevoller Hingabe pflegten und so dem rauhen Klima trotzend mannigfaltige Blumen gedeihen ließen.
Denn Neshive liegt im äußersten Norden Diconors an der Stelle, wo der Athovenn, der Milchwasser, aus dem See entspringt, der der Stadt seinen Namen gegeben hat. Auf den ältesten Karten ist er nämlich als der nördliche See eingezeichnet, was in der Sprache der Aleandon "neshir veas" heißt. In jüngerer Zeit hat man ihn meist den Gletschersee genannt, erhält er sein Wasser doch von dem Gletscher, der kalt und weiß die Berge am gegenüberliegenden Ufer überzieht. Neshive liegt nun am Uder dieses Sees auf einem leicht hügeligen Gelände.
Mehrere Dörfer gehören zu seinem Herrschaftsbereich. Das wichtigste davon ist Chuwelas, das als Hafen die Verbindung der Stadt mit dem Meer herstellt. Eine Passstraße verbindet die beiden Orte. Die anderen Dörfer beschäftigen sich hauptsächlich mit dem Abbau und der Verhüttung des Eisenerzes, das Neshives Reichtum ausmacht. In Neshive selbst wohnen die Schmiede, die mit großer Kunst das Eisen weiterverarbeiten und vom Angelhaken bis zum Schwert alles herstellen, was die Aleandon benötigen. Nur ein kleiner Teil des Eisens wird als Barren, Draht oder Blech in die anderen Städte gebracht, um dort Verwendung zu finden. Außer den Eisenschmieden tragen besonders die Fischer, die ihren Fang im Gletschersee finden, zum Reichtum der Stadt bei. Bauern gibt es - wie in Tiluvo - keine, doch nicht wie dort aus Gründen des Platzes, sondern aus solchen des Klimas.
Lange Zeit gedieh die Stadt, bis sie im Spätherbst des Jahres 1856 auc einem plötzlichen, nicht vorherzusehenden Angriff der Windkinder zum Opfer fiel. Die Aleandon, die seit Jahrhunderten in Frieden lebten, waren dem wilden Ungestüm und der Übermacht ihrer Feinde nicht gewachsen, als diese plötzlich vor ihren Mauern auftauchten. Nur kurz wähnten sich die Verteidiger noch sicher hinter ihren Mauern, dann gelang es den Angreifern eine Bresche zu schlagen und die Stadt war verloren. Der See, der den Aleandon zu anderer Zeit die Flucht ermöglicht hatte, war in diesen Tagen gerade am zufrieren. Das Eis war bereits zu stark für die Schiffe, doch noch nicht fest genug für die Schlitten. Kein einziger Bewohner der Stadt entkam dem Massaker. Doch die Zerstörungslust der Windkinder machte nicht an den Bewohnern halt, als hätte die Stadt selbst sie beleidigt, raubten sie alles, was ihnen von Wert erschien und zerstörten den Rest.

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