Firas-isha (Forts.)

König Arwa, ein weiser und umsichtiger Politiker und kluger Anführer, erkennt, daß er Firas nie würde bändigen können. Doch er sieht auch, daß der junge Mann bereit ist, sich ganz in den Dienst dieses ihm doch fremden Landes zu stellen. Aber Firas ist nicht zum Gehorchen geboren, immer wieder wird er die Gesetze brechen, dessen ist sich der König gewiß. Er sieht nur einen Ausweg: wenn Firas nicht als Soldat in der Garde dienen kann, dann eben als Offizier. Er begnadigt den jungen Mann. Am liebsten hätte er ihn zum stellvertretenden Kommandanten der Garde gemacht, einen Posten, den der von den Ishia getötete Hauptmann innegehabt hatte. Aber Sarita, Firas' Widersacherin, steht in der Rangordnung weit über ihm. Doch ihre Feinschaft ist verflogen, seit sie die Wahrheit über seine Flucht erfahren hat, ja, in ihr ist eine tiefe Bewunderung für den Fremden erwacht. Mit Freuden verzichtet sie zu seinen Gunsten auf die Beförderung und so wird Firas im Alter von nicht einmal achtzehn Jahren, als Fremder zum stellvertretenden Kommandanten der Garde des Königs von Talilla - und das für eine Tat, auf die nach dem Gesetz die Todesstrafe gestanden hätte.

Firas wird mit dem Kommando über die Truppen im Südwesten Talillas betraut, ganz besonders gilt es die Grenze zu Mai Hoi Ne zu sichern, war es doch dort immer wieder zu kriegerischen Handlungen gekommen. Als erste Handlung beruft er Sarita in seinen Stab - und daraus sollte eine fruchtbare Zusammenarbeit und eine tiefe Freundschaft erwachsen. Der junge Offizier macht sich bald einen Namen dafür, daß er sich selbst erst dann Ruhe gönnt, wenn alles zum Besten geregelt ist. Die Männer und Frauen unter seinem Kommando lieben und achten ihn dafür, auch wenn sie kaum weniger hart schuften müssen.

Obwohl in diesen Jahren kaum ein Monat vergeht, in dem es nicht zu kleineren Scharmützeln kommt, müssen sie doch im Nachhinein geradezu friedlich genannt werden. Doch das ändert sich im Spätherbst des Jahres 1840 a.u.c. Alles beginnt mit einem ungewöhnlich kalten Rhilél, der die Berge im Norden Talillas tief verschneit. Doch dann wird es wieder wärmer und unablässige Regenfälle bestimmten den Adal. Der Schnee in den Bergen schmilzt und der Phinda, der Talilla der Länge nach durchfließt, kann die Wassermassen nicht mehr bändigen. Überall entlang des Flusses kommt es zu verheerenden Überschwemmungen. Die Vorräte für den Winter werden größtenteils vernichtet und es kommt zu Aufständen der verzweifelten Bevölkerung. Ganz besonders hart trifft es die Hafenstadt Talilla im Süden des Landes an der Mündung des Phinda. Hunderte Einwohner fallen der plötzlichen Flut zum Opfer, später beherrschen Plünderer die Stadt. Firas bleibt nichts anderes übrig, als Sarita mit gut der Hälfte seiner Truppen ins Hinterland zu schicken, um Ruhe und Ordnung wiederherzustellen und zu helfen, wo es nur geht. Er selbst bleibt an der Grenze.

Seine Ahnung trügt ihn nicht. Mai Hoi Ne, das schon lange das reiche Phinda-Tal begehrt, nutzt die Gunst der Stunde und fällt über den geschwächten Gegner her. Firas kann die Heerscharen nicht aufhalten. In Rückzugsgefechten verliert er nach und nach den Großteil seiner Männer, doch gewinnt er so immerhin die Zeit, die der König braucht, um die restlichen Truppen zu ordnen. Nur noch mit einer kleinen Schar der besten und tapfersten Soldaten erreicht Firas schließlich den Knigshof in Arenum, wo er sofort mit neuen Aufgaben betraut wird.

Firas verbringt die nächsten Monate hauptsächlich am Hof, von wo aus der Krieg gelenkt und koordiniert wird. Denn die Truppen der Mai San stehen nur noch wenige Meilen vom Tal des Phinda entfernt, plündernd und brandschatzend. Immer wieder jedoch ist er mit Eilbotschaften und ähnlichen Aufträgen unterwegs. Bei einem dieser Aufträge, der ihn in die östlichen Gebiete Talillas führt, trifft er auf zwei belidische Söldner, Rafalo und Bewin, die eine Gruppe von Siedlern von Perhenien bis hier nach Talilla begleitet hatten. Die beiden unterstützen ihn bei einigen riskanten Unternehmungen und es wächst tiefe Achtung zwischen ihnen. Doch dann muß Firas zurück nach Arenum und die frischgebackenen Freunde trennen sich wieder, nachdem Rafalo und Bewin vergeblich versucht haben, Firas dazu zu bewegen, mit ihnen über die südlichen Ebenen zurückzukehren.

Denn der Krieg steht schlecht. Immer verzweifelter wird der Kampf. Der König läßt neue Truppen ausheben bis bald ganz Talilla unter Waffen zu stehen scheint - und noch immer ist den Feinden kein Einhalt zu gebieten. In dieser Lage werden allmählich Stimmen laut, die Frieden um jeden Preis fordern, und diese Stimmen gehören gerade den reichsten und mächtigsten Männern des Reiches, haben doch sie am meisten zu verlieren. Doch die Offiziere und auch der König selbst wollen den Kampf fortsetzen. Die Bedingungen der Mai San, die eine vollkommene Unterwerfung Talillas unter ihre Herrschaft fordern, erscheinen zu hart und dazu mehren sich die Anzeichen, daß die Wende in diesem schrecklichen Krieg kurz bevorsteht. Wer die Lage an der Front kennt, ist sich sicher, daß man nur noch wenig mehr als einen Monat durchhalten wird müssen. Hinter ihrem Rücken aber festigen die Befürworter des Friedens ihre Position mit Lügen und Intrigen und schließlich haben sie den Thronrat auf ihrer Seite. König Arwa muß sich fügen und nimmt die Verhandlungen mit den Mai San auf. Das Land atmet unter dem Waffenstillstand auf, doch in der Hauptstadt braut sich das Unheil zusammen.

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